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Press release 103/23 - 22.12.2023

Wieviel Gewalt ben?tigt die Demokratie, wieviel Gewalt vertr?gt sie?

Essay-Preise des Jakob-Fugger-Zentrums. Forschungskolleg f¨¹r transnationale Studien verliehen.

Das Jakob-Fugger-Zentrum hat anl?sslich seines zehnj?hrigen Bestehens Preise f¨¹r ein deutschsprachiges sowie ein ukrainischsprachiges Essay zum Thema "Wieviel Gewalt ben?tigt die Demokratie, wieviel Gewalt vertr?gt sie?" ausgelobt, der mit 10.000 Euro dotiert war.
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Der Essay-Preis zielte darauf ab, eine breite Debatte zu einem zentralen Thema unserer Zeit anzusto?en, was mit den Einreichungen ganz wunderbar gelungen ist.

Der Wettbewerb war zweistufig angelegt. Bis zum 15. Januar 2023 konnten dreiseitige Ideenskizzen eingereicht werden. 30 deutsche und 15 ukrainische Beitr?ge wurden eingereicht, von denen 12 deutsche und acht ukrainische Teilnehmende aufgefordert wurden, ihren Vorschlag bis zum 30. Juni 2023 auszuarbeiten.

Die Jury hatte am Ende ¨¹ber viele starke Einreichungen zu befinden, so dass sie sich entschied, den deutschsprachigen Preis zu teilen. Die Auszeichnung im deutschsprachigen Wettbewerb ging an das Autorinnenduo Prof. Dr. Eva Helene Odzuck und apl. Prof. Dr. Gerlinde Groitl sowie an Prof. Dr. Gesa Lindemann.

Den Preis im ukrainischsprachigen Wettbewerb erhielt Anna Dziuban.

Die Mitglieder des Zentrums gratulieren allen Ausgezeichneten und danken allen Teilnehmenden ganz herzlich.

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apl. Prof. Dr. Gerlinde Groitl, Prof. Dr. Eva Helene Odzuck, Anna Dziuban, zugeschaltet Prof. Dr. Gesa Lindemann. Thomas Keller

Einblick in die Essays

Die pr?mierten Beitr?ge sowie weitere publikationsw¨¹rdige Einreichungen sollen in einem eigenen Band ver?ffentlicht werden. Einen ersten Eindruck der ausgezeichneten Essays l?sst sich anhand der folgenden Abstracts gewinnen:

Prof. Dr. Eva Helene Odzuck/ apl. Prof. Dr. Gerlinde Groitl
Pl?doyer f¨¹r eine wehrhafte Demokratie

Ohne die F?higkeit zur Gewaltaus¨¹bung kann die Demokratie nicht ¨¹berleben. Zugleich lebt die Demokratie von der Zivilisierung des vorhandenen Gewaltpotenzials. Entscheidend ist: In welchen Bereichen und wof¨¹r ben?tigt die Demokratie welche Art von Gewalt? Und: In welchen Bereichen kann welche Art von Gewalt (oder Gewaltbereitschaft) gef?hrlich werden f¨¹r Demokratien? Unsere These lautet, dass im politischen Denken der Gegenwart die existenziell wichtige Frage nach dem richtigen Verh?ltnis von Gewalt und Demokratie zunehmend falsch beantwortet wird ¨C mit verheerenden Folgen f¨¹r die politische Praxis: Gewaltlegitimit?t und -f?higkeit schwinden dort, wo sie n?tig sind, w?hrend sie dort, wo sie gef?hrlich sind, gedeihen. So wurden Denkmuster, die f¨¹r das Binnenverh?ltnis in Demokratien essenziell sind, zunehmend auf die Au?enpolitik ¨¹bertragen. In der Theorie und Praxis der internationalen Politik hat sich in den vergangenen Jahrzehnten die ?berzeugung durchgesetzt, dass Dialog, Verst?ndigung und Verrechtlichung das Gewaltpotenzial z?hmen k?nnten. Externe Bedrohungen f¨¹r Demokratien durch autorit?re und imperiale Akteure und die brutale Logik der Machtpolitik gerieten dabei ebenso aus dem Blick wie die Notwendigkeit, durch die F?higkeit zur Gewaltanwendung den Ausbruch von Gewalt zu verhindern. Umgekehrt wurden in der Theorie und Praxis der Demokratie Konzepte, die dereinst im Hinblick auf zwischenstaatliche Konflikte gepr?gt worden waren (u.a. die Schmitt¡¯sche Freund-Feind-Unterscheidung), auf das binnendemokratische Verh?ltnis zwischen B¨¹rgern bzw. zwischen B¨¹rgern und Institutionen ¨¹bertragen. Politische Auseinandersetzungen werden zunehmend als kompromisslos zu f¨¹hrende K?mpfe gedeutet, demokratische Prozesse und die Regeln des Rechtsstaats delegitimiert. Diese Fehlentwicklungen m¨¹ssen korrigiert werden. So wichtig es ist, im internationalen Bereich stets mit der M?glichkeit gewaltt?tiger Konflikte zu rechnen und die Grenzen der Friedenssicherung durch Dialog realistisch einzusch?tzen, so fatal ist es, die zentrale Funktion und Leistungsf?higkeit der Vernunft im binnendemokratischen Bereich hierarchischer Staatlichkeit kleinzureden und den Institutionen der rechtstaatlichen Demokratie, die nur autorisierte und legitimierte Gewaltaus ¨¹bung duldet, die Grundlage zu entziehen. Es braucht wehrhafte Demokratien, die die Errungenschaft des Rechtfertigungsbedarfs von Freiheitseinschr?nkungen und des gewaltfreien Interessenausgleichs im Inneren gegen rationalit?tsfeindliche Denkstr?mungen besch¨¹tzen und die zugleich verteidigungsbereit sind bei unaufl?sbaren und gewaltsamen Konflikten im ?u?eren.

Prof. Dr. Gesa Lindemann
Wieviel Gewalt braucht die Demokratie? Wieviel vertr?gt sie?

Gewalt ist ein politischer Begriff und deshalb umstritten. Ist es Gewalt, wenn sich Protestierende der Bewegung ?Letzte Generation¡° auf der Stra?e festkleben, um auf die unzureichende Klimapolitik aufmerksam zu machen? Einige Gerichte bejahen das, w?hrend in der ?ffentlichen Debatte die Proteste auch als legitimer ziviler Ungehorsam bewertet werden. Es ist vertrackt, von Gewalt zu sprechen und zugleich ist die Notwendigkeit erkennbar, dass demokratische Staaten nach innen und au?en legitime Gewalt anwenden m¨¹ssen. Grund- und Menschenrechte gibt es nur, wenn Staaten ihre Durchsetzung nach innen und au?en garantieren. Letztere geraten dabei unvermeidlich in ein Gewaltparadox. Gest¨¹tzt auf die Gewalt des Staates werden Freiheit und W¨¹rde der Einzelnen gesch¨¹tzt. Gewalt sichert den Menschen die M?glichkeit, in Gewaltfreiheit vertrauen zu k?nnen. In Europa hat sich diese Ordnung in einem komplizierten Prozess entwickelt, in dem ?ltere Ordnungen ersetzt wurden, f¨¹r die das Vertrauen in die Gewaltf?higkeit der eigenen (Familien-)Gruppe zentral war. Erst in der modernen Gesellschaft bildet sich ein Verst?ndnis, demzufolge Gewalt als Gewalt gegen den individuellen K?rper zu verstehen ist, als Angriff auf die Freiheit jedes einzelnen lebenden Menschen. Diese Ordnung bricht mit der gewaltvollen Vergangenheit der Leibeigenschaft (Europa) und der Sklavereigewalt (USA). Niemand soll gewaltsam in eine schicksalhaft vorherbestimmte Zukunft gepresst werden. Jeder soll in Gewaltfreiheit vertrauen und in Freiheit und W¨¹rde leben k?nnen. Dieses Versprechen ist der normative Ma?stab, den wir der Moderne verdanken und an dem wir die moderne Ordnung messen sollen. Die heute dr?ngenden Fragen lauten: Schlie?t die ungeheure soziale Ungleichheit nicht die Masse der Bev?lkerung in ein Schicksal ohne Freiheitsm?glichkeiten ein? Ist die Klimapolitik, die die dramatischen Einsichten des Weltklimarats ignoriert, ein Angriff auf Freiheit und Leben zuk¨¹nftiger Generationen? M¨¹ssen wir dies nicht als gewaltsamen Angriff auf Freiheit und Leben verstehen? Muss der Staat dieser Gewalt entgegentreten?

Anna Dziuban
"Wieviel Macht ben?tigt die Demokratie, wieviel Macht vertr?gt sie?¡°


In diesem Aufsatz wird die Rechtfertigung von Reaktionen und politischen Handlungen diskutiert, die darauf abzielen, die Folgen der Kolonialpolitik zu rehabilitieren und der imperialistischen Aggression entgegenzuwirken. Dabei werden Situationen aus dem ukrainischen Kontext analysiert, in denen die Reaktion auf Ungerechtigkeit eine Wahl zwischen ?angemessenen¡° und ?wirksamen¡° Reaktionen auf Unterdr¨¹ckung oder Gewalt erfordert. Zu diesen Beispielen geh?ren unter anderem die Sprachpolitik, das Recht auf Selbstverteidigung und sowie darauf, von demokratischen Partnern Selbstverteidigungsmitteln zu verlangen. Im Kontext politischer Emotionen ist Wut eine passende Reaktion, und im Hinblick auf deren Umsetzung in Taten ist ein Einsatz der notwendigen Mittel zur Gegenwehr angemessen.
Wut als Reaktion auf Ungerechtigkeit und deren Wahrnehmung kann mit angemessenen antiimperialistischen Ma?nahmen verglichen werden, die demokratischen Werten nur ohne Verst?ndnis des Kontexts widersprechen. Die Notwendigkeit, die Reaktion auf Ungerechtigkeit zu rechtfertigen und ihre Intensit?t zu kontrollieren, f¨¹hrt manchmal dazu, dass selbst eine vollkommen gerechtfertigte Entscheidung bei potenziellen Partnern auf Missbilligung sto?en kann, was die F?higkeit, die eigenen Interessen langfristig zu verteidigen, untergr?bt. Eine produktive Kampfstrategie muss auf Ma?nahmen aufbauen, die der Situation angemessen sind und darauf abzielen, manipulative Narrative ¨¹ber die imperiale Vergangenheit zu entlarven.
Die theoretische Grundlage des Aufsatzes sind die Theorien von Martha Nussbaum und Amiya Srinivasan. Ihre Positionen werden verglichen, um die Konzepte der Ethik und der politischen Philosophie auf das ukrainische Beispiel anzuwenden und zu zeigen, dass das imperialistische Regime systematisch Dilemmata schafft, die darauf abzielen, die etablierte Koloniale Ordnung sowie herrschende Macht zu st?rken. Dabei zielen sie darauf ab, die Idee der Rechtfertigung der Befreiungsbewegung zu untergraben, indem sie deren reaktiven Charakter nivellieren. Der Aufsatz wird Nussbaums Argumente zur praktischen Notwendigkeit und moralischen ?berlegenheit des sogenannten ?transitional anger¡° kritisch untersuchen ¨C Nussbaums Konzept, das vorschl?gt, sich auf ¡°mitf¨¹hlende Hoffnung¡± zu konzentrieren und den Zorn zu transformieren, wobei ausschlie?lich produktive Elemente ¨¹brig bleiben. Nussbaum argumentiert ¨¹ber die unmoralischen W¨¹nsche, die Wut ausmachen, sowie ¨¹ber die Notwendigkeit eines schnellen ?bergangs zur produktiven Handlung. Der Aufsatz veranschaulicht und erweitert Srinivasans Kritik in ?The Aptness of Anger¡° und argumentiert, dass vor dem Hintergrund der Unterdr¨¹ckung der Wunsch, den relativen Status eines Opfers von Ungerechtigkeit wiederherzustellen, kein normatives Problem darstellt. Da die systematische Natur der Ungerechtigkeit gerade auf Dominanz beruht, mag der Wunsch, sie zu beseitigen, nur aus der Sicht des Angreifers unethisch erscheinen. Der Angreifer mag Angst haben, eine vorteilhafte, privilegierte Position zu verlieren, aber ein solcher Statusausgleich kann keinesfalls als aggressives Ziel bezeichnet werden. Bez¨¹glich der f¨¹r Wut angeblich charakteristischen Verlangens nach ?Leiden¡° des Aggressors bietet der Aufsatz eine neutrale Erkl?rung, die in einem normativ unproblematischen Wunsch besteht, ?Reue hervorzurufen¡°. Ebenso wie der Wunsch, die soziale Gleichheit wiederherzustellen, ist es ein moralisch akzeptabler Wunsch, die Unterdr¨¹ckung zu beenden, indem man ?ffentliche Zuneigung und Mitgef¨¹hl kultiviert. Eine solche Interpretation zeigt, dass der Wunsch, ?Leid zuzuf¨¹gen¡°, auch auf dem Wunsch beruhen kann, das eigene Leiden verst?ndlich zu machen und damit Empathie zu f?rdern. Zusammenfassend wird dieser Essay ?Plausibilit?t des Schadens¡° als Indikator vorgeschlagen, der die Notwendigkeit betont, die berechtigte Wut von Gewaltopfern zum Ausdruck zu bringen. Statt demokratischen Werten zu folgen, bedeutet die F?rderung einer unverh?ltnism??igen Reaktion im Namen des demonstrativen Pazifismus, einen Aggressor zu ermutigen und einem autorit?ren Regime zu erlauben, ein demokratisches Regime zu zerst?ren. Dies zu leugnen bedeutet, den ?ffentlichen Frieden derjenigen zu priorisieren, die von der Hierarchie profitieren. Dieses Prinzip ist zeitgem?? geworden und spiegelt sich in der politischen Rhetorik zugunsten einer ?M??igung¡° ukrainischer Selbstverteidigung wider, die Ukraine dazu ermutigt, ?Putin nicht zu hart zu dem¨¹tigen¡°, um keine ?neue Welle¡° der Aggression zu provozieren. Dieselbe Rhetorik wird verwendet, um das unzureichende Tempo und Ausma? der Aufr¨¹stung zu erkl?ren, von der das Leben der Ukrainer abh?ngt. (?bersetzung)

?ber das Jakob-Fugger-Zentrum

Als Forschungskolleg f¨¹r Transnationale Studien f?rdert das Jakob-Fugger-Zentrum der Universit?t Augsburg seit 2012 die interdisziplin?re und internationale geistes-, kultur- und sozialwissenschaftliche Forschung an der Universit?t Augsburg. Es st??t innovative Forschungsvorhaben an, sorgt f¨¹r internationale und f?cher¨¹bergreifende wissenschaftliche Vernetzung und macht die Ergebnisse der gef?rderten Projekte einer breiten ?ffentlichkeit zug?nglich. Auf diesem Weg will das JFZ die Position der Augsburger Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften nachhaltig festigen und st?rken.

Wissenschaftlicher Kontakt

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Michael Hallermayer
Deputy ÍþÄá˹¶Ä²©ÓÎÏ·_ÍþÄá˹¶Ä²©app-¡¾¹ÙÍø¡¿ia Officer
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